Vielleicht hast du den Begriff „Ahnenarbeit“ auch schon gehört – irgendwo aufgeschnappt, vielleicht in einem Gespräch oder einem Buch. Für mich klang das lange nach etwas Fremdem. Irgendwie weit weg. Ich wusste nicht genau, was damit gemeint ist, und konnte mir ehrlich gesagt wenig darunter vorstellen.
Und doch habe ich nach und nach verstanden: Es geht gar nicht um etwas Abgehobenes oder Besonderes. Es geht um etwas ganz Konkretes. Etwas, das in jedem von uns wirkt – jeden Tag, vor allem wenn wir Eltern sind.
Wir geben mehr weiter, als wir denken
Wenn wir Kinder begleiten, geben wir automatisch Dinge weiter. Nicht nur Werte, sondern auch Erfahrungen, Sichtweisen, Glaubenssätze – vieles davon stammt nicht nur von uns selbst, sondern auch von denen, die vor uns waren: unseren Eltern, Großeltern und noch weiter zurück.
Manchmal merken wir das sofort:
„Ich klinge plötzlich wie meine Mutter!“
Oder: „So wollte ich doch eigentlich gar nicht reagieren.“
Und manchmal läuft es ganz leise im Hintergrund – wie ein alter Film, den wir nicht bewusst ausgewählt haben, der aber trotzdem läuft.
Ahnenarbeit – alltagstauglich erklärt
Für mich bedeutet Ahnenarbeit nicht Räucherstäbchen oder Rituale. Sondern: innehalten, hinschauen, verstehen.
Fragen wie:
- Warum reagiere ich in bestimmten Situationen so?
- Was habe ich als Kind gehört, geglaubt oder vermisst – und wie beeinflusst das mein Verhalten als Mutter oder Vater heute?
- Was davon möchte ich bewusst weitergeben – und was nicht?
Das ist für mich der Kern von Ahnenarbeit. Sie beginnt genau hier, in unserem Alltag. Beim Streit am Küchentisch, beim Trösten, beim Entscheiden, wie wir unsere Kinder begleiten wollen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Das Geldthema bewusst wandeln
Ein Kunde hat mir einmal seine Lebensgeschichte erzählt. Er wuchs in einer großen Familie auf, in der das Geld immer knapp war. Es reichte gerade so zum Leben – Rücklagen gab es keine. Wenn es eng wurde, halfen Verwandte mit einem Darlehen aus.
Als Kind war das prägend: Die Familie gönnte sich nichts, die Kinder mussten früh mit anpacken. Geld war kein neutrales Thema – es war ein ständiger Begleiter, ein Schatten im Hintergrund. Sicherheit war etwas, das man sich hart erarbeiten musste.
Später wählte er bewusst einen Beruf, der ihm einen guten Lohn einbrachte. Doch statt Wertschätzung zu erhalten, erntete er von seiner Herkunftsfamilie oft nur ein müdes Lächeln – selbst dann, wenn er ihnen half, über die Runden zu kommen.
Irgendwann traf er eine Entscheidung: Er kaufte ein Grundstück – gegen den inneren Widerstand, gegen alle Zweifel, gegen die alten Stimmen. Dieses Grundstück wurde zum Wendepunkt. Er baute sein Eigenheim, gründete eine Familie und legte den Grundstein für ein erfülltes, finanziell stabiles Leben.
Seine Kinder wuchsen unbeschwert auf. Für sie war Geld nie ein ständiges Thema. Sie fanden ihren Weg – frei, unabhängig, vertrauensvoll. Ich würde sogar sagen: sehr erfüllt.
Aber was hat das mit Ahnenarbeit zu tun?
Ganz einfach: Er hat sich entschieden, etwas zu verändern. Er hat den Kreislauf unterbrochen. Nicht aus Wut oder Ablehnung, sondern aus Klarheit. Er hat daran geglaubt, dass es auch anders gehen darf – und diesen neuen Glauben hat er weitergegeben.
Das ist für mich gelebte Ahnenarbeit:
Nicht an den alten Mustern festhalten, sondern erkennen, dass sie da sind – und sich dann bewusst fragen:
Was möchte ich davon weitertragen? Und was darf hier enden?
Zum Mitnehmen
Reflexionsfrage:
Welche Gedanken oder Glaubenssätze über Geld, Beziehungen oder das Leben hast du von deiner Familie übernommen – und welche davon möchtest du vielleicht heute neu wählen?
Affirmation:
Ich bin frei, meinen eigenen Weg zu gehen – liebevoll verbunden mit der Vergangenheit, und bewusst gestaltend in der Gegenwart.
Gedanke zum Schluss:
Vielleicht magst du dir einfach einmal überlegen, wo du bereits Ahnenarbeit geleistet hast, ohne es bewusst zu wissen. Oft verändern wir etwas in unserem Leben, treffen Entscheidungen, die sich ganz natürlich anfühlen – und dabei lösen wir ganz nebenbei alte Muster.
Du darfst selbst entscheiden, was du deinen Kindern mit auf den Weg gibst – und was nicht.
Doch mir ist eines besonders wichtig zu betonen:
Es geht nicht darum, jetzt alles perfekt aufzuarbeiten, damit unsere Kinder ein völlig unbeschwertes Leben haben. Das ist gar nicht möglich – und auch nicht nötig.
Wir geben unseren Kindern immer etwas mit. Das liegt in der Natur des Lebens. Aber wenn du bereit bist hinzuschauen, was für dich heute hinderlich ist – und es für dich veränderst –, dann hast du bereits unglaublich viel getan.
Und genau darin liegt die Kraft: Nicht im Perfektsein, sondern im bewussten Wandel.